Sichelzellkrankheit – nicht nur Anämie!

 

Heute möchte ich etwas zum Thema Sichelzellkrankheit schreiben. Wohlgemerkt „-krankheit“, weil es viel mehr ist, als bloß die Anämie. Zumindest in meinem Studium hätte der Eindruck entstehen können, dass es nicht mehr ist. Aber dazu im Folgenden mehr.

Der Krankheit liegt die Mutation des Gens für die beta-Kette des Hämoglobins zugrunde. Zur Erinnerung: HbA (adultes Hämoglobin) besteht aus zwei alpha- und zwei beta-Ketten. Das erklärt auch, warum die Erkrankung erst mit etwa 6 Monaten „beginnt“. Das fetale Hämoglobin besteht aus 2 alpha- und 2 gamma-Ketten. Erst wenn die beta-Ketten gebraucht werden, stellt sich heraus, dass da ein Fehler vorliegt.

Mischformen mit anderen Anämie-Arten sind möglich: Zum Beispiel die Kombination aus Sichelzellneigung und Thalassämie. Phänotypen können heißen: HbSb-Thalassämie, HbSD, HbSO, HbSE etc.

Im angloamerikanischen Raum ist ein Neugeborenen-Screening darauf etabliert; im deutschsprachigen Raum leider trotz aller Bemühungen immer noch nicht. Immerhin ist die Prävalenz hier sehr gering.

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Das Refeeding Syndrom

 

Das Refeeding-Syndrom ist eine schwerwiegende Komplikation, wenn schwer unterernährte Patienten auf einmal wieder zu schnell und zu viel ernährt werden.

Grundsätzlich würde man sagen: Unterernährung ist gefährlich. Das stimmt so auch. Allerdings stellt sich der Körper im Lauf der Fastenzeit darauf ein. Wenn nun auf einmal wieder Kalorien in Hülle und Fülle zugeführt werden, kommt der Körper damit nicht klar. Es kommt zu lebensbedrohlichen Entgleisungen des Metabolismus, die ich im folgenden erläutern möchte.

Nur um es vorweg zu nehmen: Nicht nur die offensichtlich unterernährten Anorexie-Patienten sind betroffen, sondern durchaus Patienten, denen man es nicht direkt zutrauen würde. Aber dazu später mehr.

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Comedy: Die Klinik-WG 01 – Steinbeißer

Die Klinik WG – Poster; Heike C. Ewert

Bei all dem Ernst auf dieser Seite und der Belastung, unter der wir alle stehen, musste etwas Entspannung her (F*ck C*rna!). Entstanden ist „Die Klinik-WG“. Es ist eine Kurzhörspielserie, die sich an den Comedy-Schnipseln aus dem Radio orientiert und ausdrücklich völlig Banane ist. Vielleicht findet’s ja der ein oder andere unterhaltsam (das war zumindest die Intention).

Auf der eingerichteten Seite könnt ihr euch etwas einlesen.

Zu hören gibt’s den Quatsch hier in den Blogbeiträgen oder auf iTunes. Ich freue mich von euch Rückmeldungen zu erhalten (Bewertung, Kommentar, whatever).

Kühlung in der Postreanimationsphase

 

In der Postreanimationsphase sei zu kühlen, um das neurologische Outcome zu verbessern. Das war die Aussage noch in den Guidelines 2010. Es hatte tierexperimentelle Studien gegeben, die genau das belegen wollten (z.B. in dem Review hier: Gunn AJ, Thoresen M (2006) Hypothermic neuroprotection. NeuroRx 3:154–169).

In der Folge wurden fast alle Patienten nach Erreichen eines ROSC für 24 Stunden gekühlt. Das waren eben auch die Empfehlungen.

Und es ist auch logisch. In der Neurointensivmedizin wird Hypothermie eingesetzt, um den Schaden nach Schädel-Hirn-Trauma klein zu halten. Durch die Temperaturabsenkung wird der zerebrale Blutfluss CBF und die metabolische Rate (also der O2- und Nährstoffbedarf) reduziert. Für den Sauerstoffbedarf wird von 6% CMRO2-Reduktion pro 1°C gesprochen.

Dasselbe Prinzip macht man sich übrigens auch bei prolongierten Herz-OPs zunutze.

Außerdem erinnere man sich an den alten Leitsatz zum Thema Abbruch von Reanimationsbemühungen: „Noone’s dead until warm and dead“. Da steckt dasselbe Prinzip dahinter.

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COVID-19: ARDS oder was?!

01.05.2020: Repost wegen Podcast-Problemen


Heute möchte ich eure Aufmerksamkeit auf eine aktuelle Zusammenfassung von Luciano Gattinoni hinweisen, die am 16.04. in Critical Care publiziert wurde (Free Article).

Viele Kollegen haben sicher schon festgestellt, dass COVID-19 zu einer Hypoxämie führt, bei der der Patient noch relativ unbeeinträchtigt im Bett sitzen kann, während die PaO2-Werte schon deutlich unter 50mmHg in der BGA liegen.

ARDS or not?
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/32299472

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COVID-19 Flowchart Beatmung 430.78 KB 736 Downloads

nach COVID-19 pneumonia: ARDS or not? Gattinoni et al., Crit Care. 2020 Apr 16;24(1):154....

Das liegt an der hohen Shuntfraktion (>0,5!), vermutlich aufgrund einer Einschränkung der hypoxisch pulmonalen Vasokonstriktion, ausgelöst durch das Virus. Die Folge ist die beobachtete Hypoxämie bei deutlich erhöhtem Ventilations-Perfusions-Mismatch.

Gattinoni empfiehlt nun die Unterteilung der Patienten in zwei Gruppen. In seiner Studie haben sie das anhand von CTs gemacht, es geht aber auch anhand der Compliance. Typ 1 Patienten haben eine gute Compliance von >50ml / cm H2O, Typ 2 Patienten deutlich weniger.

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Präoperative Nüchternheit und Rauchen

 

Im klinischen Alltag sind meiner Erfahrung nach viele Unklarheiten im Umlauf, die eigentlich nicht sein müssten. BDA, DGAI und BDC haben in einer gemeinsamen Stellungnahme bereits 2016 klar geregelt, wie eine präoperative Nüchternheit für elektive Eingriffe aussehen muss. Im Folgenden möchte ich die Informationen noch einmal strukturiert zusammenfassen. Das Dokument der Fachgesellschaften ist zum Nachlesen frei verfügbar (s. Links)

Die Autoren der Empfehlung stellen fest, dass Aspiration die häufigste Todesursache im Rahmen einer Anästhesie ist: 26% Todesfälle in jeglicher Form im Umfeld der Anästhesie und 50% aller direkt Anästhesie-assoziierten Todesfälle. Diese Zahlen stammen aus der referenzierten NAP4-Studie des Royal College of Anesthesiologists (RCOA) aus Großbritannien. Das „National Audit Project“ untersuchte in großangelegten Fragebögen-Untersuchungen eine ganze Reihe Anästhesie-bezogener Fragestellungen. Die Daten sind ebenfalls frei verfügbar auf deren Seite.

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Laktat in der Intensivmedizin

 

Zunächst ist Laktat ein Abbauprodukt der anaeroben Glykolyse. Beim schwerkranken Intensivpatienten ist es überdies Prädiktor für eine erhöhte Mortalität, wenn es die „magische“ Schwelle von 2mmol/L übersteigt (CAVE: unterschiedliche Einheiten in verschiedenen Laboren).

„Milchsäure“; Heike C. Ewert

Der Metabolismus und die Situationen, in denen es anfällt, sind aber deutlich komplexer, als man es im klinischen Alltag wahrnimmt. Im Folgenden möchte ich euch einen Einblick in die – auf den zweiten Blick komplexer als gedachte – Materie gewähren.

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Handlungsempfehlungen für ZVK Anlagen der ASA

 

Die ASA hat neue Handlungsempfehlungen für die elektive Anlage von zentralen Venenkathetern veröffentlicht (für Januar 2020). Da es solche Anweisungen im deutschsprachigen Raum von den Fachgesellschaften erstaunlicher weise nicht gibt, möchte ich sie hier zusammenfassen. In den Quellenlinks unten können die „Practice Guidelines“ im Original auf der Seite der ASA nachgelesen werden.

Zu Beginn stellen die Autoren klar, dass es sich zwar um systematische Empfehlungen handelt, aber die Umsetzung anhand der lokalen Gegebenheiten in jeder Einrichtung eventuell angepasst werden muss. Etwas Ähnliches wird zum Beispiel von der WHO bezüglich der „Surgical Safety Checklist“ klargestellt.

Es handelt sich also um Empfehlungen von Experten anhand der besten vorhandenen Evidenz. Das muss aber natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Tatsächlich ist das auch schon die zweite Revision nach der ersten Auflage von 2011/12.

Die notfallmäßige Anlage von Kathetern in große Venen (VCI, VCS, V. brachiocephalica) wird explizit ausgeschlossen. Ebenso die Anlage von getunnelten venösen Zugängen wie Ports.

Algorithmus zur ZVK Anlage nach ASA-Guidelines 2020

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