EDAIC / DESA – eine sinnvolle Investition?

Das European Diploma in Anesthesia and Intensive Care (EDAIC), das zum Titel „Diplomate of the European Society of Anesthesiology“ (DESA) führt, ist eine ganz schön schwierige Nummer. Man muss viel Geld investieren und hat eine hohe Wahrscheinlichkeit durchzufallen – aber bringt es einem etwas für das weitere (berufliche) Fortkommen?

Schriftlich und mündlich, jeweils „Basic“ und „Clinical Science“

Das EDAIC ist in zwei Prüfungsteile aufgesplittet: Eine schriftliche und eine mündliche Prüfung, die jeweils einen „Basic Science“ und einen „Clinical Science“ Teil haben. Das Prüfungsgebiet erstreckt sich von den anatomischen, chemischen und physikalischen Grundlagen bis hin zu spezieller Anästhesie bei Neugeborenen, in der Kardio- und Neuroanästhesie.

Der schriftliche Teil („Part 1“) kostet bei Erstellung dieses Artikels 340€ und der mündliche Teil („Part 2“) 550€ für den Erstversuch. Zu beachten ist, dass die Prüfungen nur in bestimmten Prüfungszentren stattfinden. Es kommen also noch Anreise- und Übernachtungskosten hinzu.

Part 1 kann man bereits in der Facharztweiterbildung ablegen, für Part 2 muss man seine Facharztprüfung bestanden haben.

Neben dem finanziellen darf man den Lernaspekt nicht vergessen

Zu dem finanziellen Aufwand kommt der lerntechnische Aspekt. Die Prüfung ist außerordentlich anspruchsvoll (auch im Vergleich zu so manchen nationalen Facharztprüfungen). Die Ausbildung in den diversen Lehreinrichtungen ist sicher unterschiedlich, sodass der zu investierende Aufwand variiert. Ich hatte mir die Prüfungen so gelegt, dass sie sich teils mit der Facharztprüfung überschnitten. So konnte ich die Vorbereitungszeit für beide Prüfungen nutzen. Trotzdem spreche ich hier von einem Zeitraum von über einem Jahr! Ob das vielleicht auch mit weniger Aufwand geklappt hätte, ist möglich, aber das Risiko wollte ich nicht eingehen (wegen investiertem Geld und Stolz 😉 ).

Die ESA trägt zu der Lehre nur wenig bei. Es gibt zwar eine Online-Lernplattform, die ab und zu interessante Fortbildungen und Webinare bietet, aber das steht in keinem Verhältnis zu dem geforderten Fachwissen. Aspiranten für diese Prüfung müssen also signifikante Eigenleistungen erbringen.

Der britische Facharzt (FRCA) ist sehr ähnlich zur EDAIC-Prüfung

Insgesamt ist die Prüfung sehr an den britischen Facharzt (FRCA) angelehnt, der ähnlich anspruchsvoll ist. Bestehensquoten liegen dort bei etwa 1/3 der Anwärter. Wenn man sich in diese Richtung noch weiter entwickeln will, wird tatsächlich die schriftliche EDAIC-Prüfung als schriftlicher Teil des FRCA anerkannt (aber das nur am Rande).

Immerhin kann man sich viel gute Literatur aus dem englischen Sprachraum zu eigen machen, Sprachkenntnisse vorausgesetzt. Deutsche Fachbücher kommen an diese Qualität nur teilweise heran.

Wenn man nun den ganzen Aufwand auf sich nimmt und die Prüfungen tatsächlich besteht – was ist dann? Gewinnt man dann einen Preis? Wird man sofort Chefarzt? … leider nichts von dem.

Das Zertifikat wird auf dem Euroanesthesia Kongress feierlich überreicht

Zunächst erhält man ein wirklich hübsches Zertifikat (unterschreiben muss man es auch noch mal selbst, also nicht schmieren 😉 ). Außerdem wird man auf den Euroanesthesia-Kongress eingeladen. Dort wird den neuen Diplomträgern ihr Diplom auf der Bühne höchst offiziell übergeben (oder man bekommt es halt per Post).

Außerdem ist man dann berechtigt, das Namens-Suffix „, DESA“ zu tragen, um sich von der Masse der Anästhesisten abzuheben. Wir haben zwar grundsätzlich einen Anästhesisten-Mangel, aber in den Führungsetagen wird die Luft wieder dünn. Ergo ist das eine Extra-Qualifikation, um sich bei Bewerbungsgesprächen um Führungspositionen abzuheben. (Die ZB Notfallmedizin hat zum Beispiel fast jeder in unserem Fach).

Im täglichen Leben bekommt man auch nicht direkt eine Extra-Wurst. Viele Kollegen wissen entweder gar nicht, dass es dieses Diplom gibt, oder spielen es als unwichtig herunter (weil sie es selbst nicht gemacht haben aus .. Gründen).

Wenn man Glück hat, trifft man aber auf Kollegen, die den Aufwand und die Schwere der Prüfung zu würdigen wissen. Das ist doch mal was.

Die Lernphase führt zu einem tieferen Verständnis für das Fach

Für einen selbst bringt so eine intensive Lernphase aber auch nicht unerhebliche Vorteile: Man durchdringt das Fach einmal von vorne bis hinten und stößt in Tiefen vor, die man so vielleicht niemals für nötig erachtet hätte. Man wird zumindest für die Zeit der Prüfungsvorbereitung ein echter Spezialist. Viel von dem sehr speziellen Wissen bröckelt natürlich nachher wieder, aber man hat einfach ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge, die Pharmakologie, die Funktionsweise von Geräten und so weiter und so fort. Das ist etwas, das ich eigentlich von jedem guten Anästhesisten erwarten möchte.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist das EDAIC eine teure und sehr lernintensive Aufgabe, die einem im täglichen Leben wenig extra-Respekt einbringt. Wenn man Glück hat, erhöht es die Chance auf eine gehobene Leitungsposition. In jedem Fall bringt es einem das Fach (gezwungenermaßen durch den externen Leistungsdruck) noch einmal richtig nahe. Ich persönlich bin froh darüber, es gemacht zu haben; bin aber auch froh darüber, dass die Lernphase vorbei ist 😉

Weitere Informationen findet man auf der Seite der ESA: http://www.esaic.org/education/edaic/about

Bücherrezensionen habe ich an andere Stelle zusammengetragen. Mit einem guten Lernkartensystem wie Anki kann man es auch schaffen, die Fülle an Informationen im Gedächtnis zu behalten (bei mir zuletzt um die 2000 Karten).

Auch mein Bereich zum Thema DESA und die Podcasts können bei der Prüfungsvorbereitung helfen.

Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

1 Kommentar

  1. Hallo Herr Ewert, würden Sie Ihr Anki-Deck auch der Allgemeinheit zur Verfügung stellen?
    LG

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