Journal Club im April

 

Heute werden wir einen größeren Rundumschlag in Form eines – nicht ganz gewöhnlichen – Journal Club vollziehen. Ich werde euch ein paar Publikationen präsentieren, die sicherlich lesenswert sind. Ob sie eure klinische Praxis verändern werden – ich bezweifle es irgendwie, aber schreibt mir gerne was dazu in die Kommentare.

Wenn ihr mir bestimmte Inhalte hier eventuell nicht glaubt, möchte ich auf die Linkliste am Ende verweisen: Sämtliche Veröffentlichungen sind nachlesbar!

Hirnschäden bei Asterix?

Beginnen möchte ich mit einer Publikation der Uniklinik Düsseldorf, genauer gesagt der Abteilung für Neurochirurgie. Es geht um traumatische Hirnschäden (Traumatic brain injuries), und deren Verteilung und Häufigkeit bei Begegnungen zwischen Galliern und anderen Völkern, betrachtet über den Verlauf sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen Asterix-Bände: Traumatic brain injuries in illustated literature: experience from a series of over 700 head injuries in the Asterix comic books[1] von Kamp MA et al.

Es handelt sich wie zu erwarten um eine retrospektive Analyse von 34 Asterix Bänden (jaja, mittlerweile gibt es 39), aber die Studie ist ja auch schon von 2011. Zeit für ein Update?

Jedenfalls wurde beobachtet, dass die wehrhaften Gallier regelhaft traumatische Hirnschäden verursachen müssten von der Kinematik ihrer Schläge her. Das war in den untersuchten Bänden in 704 Fällen der Fall, von denen die meisten erwachsen und männlich waren (meist römische Legionäre, Verhältnis m:w 117:1).

Die überwiegenden Traumata wurden als schwer klassifiziert (GCS 5-8), mit initial eingeschränktem Bewusstsein. Erstaunlicherweise konnte kein Fall von permanentem neurologischen Defizit oder gar Tod nachgewiesen werden (gute Sache). Helme wurden zwar in 70% der Fälle getragen, aber sehr häufig „einfach“ verloren (87,7%).

Ach ja, und dann wäre da noch die Sache mit dem Doping durch den sogenannten „Zaubertrank“ unter dessen Einfluss die meisten der Verletzungen entstanden.

Nasse Unterwäsche ist kalt und unangenehm

Weiter zur nächsten bahnbrechenden Studie: Nass-kalte Unterwäsche ist unangenehm zu tragen oder „Impact of wet underwear on thermoregulatory responses and thermal comfort in the cold“ von Bakkevig MK et al. aus der Zeitschrift „Ergonomics“ von 2007. Sicherlich aber ein zeitloses Thema.

Im Grunde ging es darum, geeignete Kleidung zu finden für Arbeiten in Thermowäsche in kaltem Klima. Wenn man wegen körperlicher Arbeit schwitzt, wird man sich irgendwann auch mal hinsetzen zum Pausieren. Und dann wollten die Kollegen herausfinden, welche Kleidungskombination am wenigsten unangenehm kalt wurde.

Gesunde Probanden wurden in trockene und speziell nass-präperierte Kleidung gesteckt und bei 10°C in einer Kühlkammer auf einen Stuhl gesetzt (Luftfeuchte 85%, Luftgeschwindigkeit <0,1m/s). Es wurde die Hauttemperatur an 14 verschiedenen Stellen gemessen. Hinzu kam die Messung der rektalen Temperatur (jede Minute!) mit einer 8cm eingeführten Sonde!!

Ich möchte die Ergebnisse kurz halten, aber die Kollegen haben es wirklich sehr übertrieben mit ihren Untersuchungen. Also: Die Fasern der Kleidungsstücke sind für den Flüssigkeitshaushalt und das subjektive Wohlbefinden weniger entscheidend, als die Dicke der Kleidung. Und natürlich hat Kälte und Nässe einen Einfluss auf die thermoregulatorische Antwort. Und natürlich auch, wenn man 60 Minuten lang eine Temperatursonde im Allerwertesten stecken hat. Bin kein Wissenschaftler, aber ich gehe stark von einer Stressreaktion aus.

Schluckauf mit rektaler Massage durchbrechen

Weiter geht es mit einem wunderschönen Fallbericht: „Termination of intractable hiccups with digital rectal massage“, also so in etwa „Terminierung von hartnäckigem Schluckauf mittels digitale rektaler Massage (Odeh et al.)

Ein Patient mit Pankreatitis war zur Behandlung aufgenommen worden und hatte nach Insertion einer Magensonde über 2 Tage hinweg Schluckauf. Trotz Entfernung der Sonde und dem Ausprobieren aller bekannten Hausmittel (Teelöffel voll Zucker, Valsalva-Manöver und dergleichen) sistierte der Schluckauf. Zwei Tage lang durchgehend hatte der arme Patient also Singultus. Medikamentöse Versuche schlugen natürlich auch fehl.

Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen: Also Ärmel hochgekrempelt und los geht’s! Finger in den Anus und langsam zirkumferente Bewegungen  durchführen. Der Erfolg stellte sich quasi sofort und dauerhaft ein. Vielleicht war es auch nur der Schreck, dass da jemand den Finger in den Po steckt wegen – Schluckauf. Aber wer heilt… und so !

Pinguin-Kanone

Und zum Abschluss eine aufschlussreiche Arbeit aus der Polarforschung: „Pressures produced when penguins pooh—calculations on avian Defaecation“.  Die Autoren berechneten in ihrer Arbeit, welche Drücke Chinstrap und Adelie-Pinguine beim Defäkieren erzeugen. Ich möchte euch nicht lange auf die Folter spannen: 10kPa bei wässrigem Fäces und 60kPa bei festerem Substrat. Das ist aber natürlich abhängig von Höhe, Winkel, Dichte des Materials und der Anatomie des Orificium venti (dem „Pinguin-Anus“). Die Drücke indes sind wohl deutlich höher als beim Menschen. Sinn und Zweck dieser „Kanone“ ist nicht bekannt. Ich finde, ihr solltet das trotzdem mal gehört haben.

Ich wünsche euch nun einen schönen weiteren Tag mit vielen Gesprächen rund um Studien, wo man sich wundert, dass es sie gibt. Wenn man ein wenig googelt, wird man auch noch viele weitere kuriose Titel finden. Vielleicht fasse ich nächstes Jahr ja noch mal ein bisschen was zusammen 😊

 

Links:

Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

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