HME Filter – Funktionsweise, Leistung

 

Da ich plane, in naher Zukunft einen Artikel über die Tuberkulose zu schreiben, kommt unweigerlich auch die Frage nach dem Schutz des Personals auf. Ein Patient, der beatmet ist, ist ja nach wie vor infektiös. Unsere Geräte sind in der Regel „halbgeschlossen“, d.h. wir nutzen ein Kreisteil, aber es geht auch immer etwas Gas verloren durch Undichtigkeiten.

Bei hochinfektiösen Patienten würde das dann automatisch auch bedeuten, dass man den Raum drumherum kontaminiert, obwohl der Patient vielleicht einen Tubus in der Luftröhre liegen hat. Immer dran denken: Unsere Systeme sind in der Regel nicht völlig geschlossen. Und wenn ich mir so einen Dräger Zeus mit seinen Fehlermöglichkeiten anschaue, bin ich mir auch nicht so sicher, inwiefern das wünschenswert ist.

Die Lösung, um das Problem einzudämmen, sind Filter. Sie sollen Partikel bis zu einer definierten Größe davon abhalten aus- oder in den Patienten zu gelangen.

Heat – Moisture – Exchangers

Typischerweise nutzen wir sogenannte HME-Filter. Das steht für Heat – Moisture – Exchangers. Wir erinnern uns: Aus dem Beatmungsgerät kommt kalte, trockene Luft. Im Gegensatz dazu ist die Luft in den Atemwegen (körper-)warm und feucht.  Austrocknende Schleimhäute nehmen Schaden und begünstigen so die Entstehung von Ventilator-assoziierten Pneumonien (VAP)[1].

So ein bisschen vorstellen kann man sich das, wie wenn man längere Zeit Sauerstoff über Brille oder Maske bekommt – da trocknet der Mund und die Schleimhäute auch schon stark aus. Intern ist das aber auch möglich, mit entsprechend potentiell auch fatalen Folgen.

Die Herausforderung ist also klar: Der Patient soll seine warm-feuchten Atemwege behalten (sprich: Die Wärme soll vom Filter zurückgehalten werden), aber natürlich gleichzeitig von uns beatmet werden.

Tatsächlich halten die HME-Filter nicht nur die Feuchtigkeit im Patienten, sondern auch fern von unserem Beatmungssystem, sodass weniger Wasser auf der Schlauchinnenseite kondensiert, was ja auch Probleme verursachen kann[1].

Ach ja – und wenn wir schon dabei sind, wäre eine filtrierende Wirkung auch noch toll. Wer schon mal einen Patienten mit Beutel beatmet hat, der kurz zuvor aspiriert hatte, weiß, wovon ich spreche.

Und was ist mit Infektionserregern?

Zur Infektionsprophylaxe empfehlen diverse Gesellschaften weltweit, darunter auch das Robert-Koch-Institut, einen Filter an das Y-Stück zu bauen um eine Cross-Infektion zu vermeiden. Der BDA sieht die Schnittstelle zwischen „Tubus und Narkoseschlauchsystem“ als ideal an[3]. Dieser Filter soll nach jedem Patienten gewechselt werden[2, 3]

Beatmungssysteme enthalten häufig übertragbare Mikroorganismen oder Spuren von Blut . Insofern ist mindestens ein Filterwechsel auf jeden Fall ein Muss.

Der BDA empfiehlt noch ein paar andere Sachen, die ich hier kurz zusammenfassen möchte:

  • Die Filter sollten mindestens 99% filtrieren
  • Die Rückhalteleistung für Flüssigkeiten sollte mindestens 60mbar betragen
  • Atemwegswiderstand im gesamten System inklusive Filter <6mbar/l/s

Der letzte Punkt ist tatsächlich erwähnenswert, denn wir kennen es alle aus der Pandemie: Ein guter Filter (bzw. FFP-Maske 😉 ) hat einen hohen Widerstand bei der Bewegung von Luft hindurch. Im Rahmen von Niedrigfluss-Narkosen oder ggf. Spontanisierung von Patienten unter Narkosebeatmung ist der Widerstand naturgemäß so niedrig wie vertretbar zu halten.

Technische Charakteristika

Ein HME-Filter wird charakterisiert durch den Gasflusswiderstand und den zusätzlichen Totraum. Die üblichen für Erwachsene eingesetzten Filter benötigen mindestens ein Tidalvolumen von 250ml, damit es zu keiner Totraumventilation beim Patienten kommt.

Die Filtration kann auf verschieden Arten geschehen. Große Partikel werden direkt an der Filtermembran zurückgehalten: Siebfiltration. Kleinere Partikel gelangen in den Filter hinein, können aber aufgrund ihrer Trägheit nicht den Richtungsänderungen der Filterfasern folgen und werden dort adsorbiert: Trägheitsfiltration. Noch kleinere Partikel, wie z.B. Viren, unterliegen der Brown’schen Molekularbewegung, was ihr Volumen virtuell erhöhen lässt und damit wieder in die Fänge des Filters treibt: Diffusionsfiltration.

Ergänzend kann eine elektrisch aufgeladene Schicht eingebracht sein, die durch elektrostatische Kräfte Moleküle binden kann.

Durch die beschriebene Mechanismen sind die Filtrierungsleistungen in der Regel sehr hoch. Das betrifft vor allem sehr kleine und sehr große Moleküle. Bei Durchmessern von 0,1-0,3um gibt es allerdings ein Minimum, die sogenannte „Filtrationslücke“. Moleküle mit diesem Durchmesser können die Membran am besten passieren (Most Penetrating Particle Size, MPPS). In diesem absolut schlechtesten Leistungsbereich eines Filters werden die Tests nach ISO 23328-1 durchgeführt und dann auf die anderen Partikelgrößen angewandt. Andersherum: Wenn sich ein Filter in diesem Bereich ordentlich schlägt, ist er in den anderen Bereichen vermutlich hervorragend.

Flüssigkeit im Filter ist … Mist

Was einen Filter übrigens sofort unbrauchbar macht, ist, wenn er nass wird. Die Filterleistung verhält sich hier nach dem Alles-oder-Nichts Prinzip. Sobald der Filter einmal nass ist, kommt alles in beide Richtungen durch. Außerdem kann der Filter okkludieren und sich somit der Atemwegsdruck massiv erhöhen bin hin zur Beatmungsunfähigkeit.

Das heißt, dass zum einen das Narkosegerät keine Flüssigkeit in den Filter drücken darf (max. Beatmungsdrücke … natürlich … mal wieder … 20-30mbar) und bei sichtbarer Flüssigkeitsansammlung im Filter: Wechsel.

BDA says…:

Der BDA empfiehlt als Voraussetzung für einen ausreichenden Infektionsschutz – und das betrifft auch Kleinstorganismen wie die Mykobakterien – eine Abscheiderate von mindestens 99%. Andere Fachgesellschaften (z.B. die Franzosen) empfehlen noch höhere Werte, berücksichtigen aber wohl nicht den MPPS.

Nach Beatmung waren auf der Patientenseite maximal 30 KBE (Kolonie-bildende Einheiten) nachweisbar[4]. In der Luft ist deshalb offensichtlich deutlich weniger Keim enthalten, als direkt im Sputum (bei Tuberkulose 5-6log mehr!). 99% Abscheideleistung entspricht einer Reduktion von 2log und wird vom BDA als ausreichend bewertet.

Nach §6IfSG muss das System übrigens nach jedem Patienten mit einer meldepflichtigen Erkrankung gewechselt werden.

Im Endeffekt muss man sagen, dass ein mit Atemgasfiltern bestücktes Beatmungsgerät auch infektiöse Patienten ordentlich von der Atmosphäre abschirmt. Das liegt aber wirklich nur an den Filtern und nicht am „Tubus“ oder dem „Gerät“, wie manchmal kolportiert wird.

 

Links:

[1] Kola A, Eckmanns T, Gastmeier P, 2005, Efficacy of heat and moisture exchangers in preventing ventilator-associated pneumonia: meta-analysis of randomized controlled trials, Intensive Care Medicine,31:5

[2] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut: Prävention der nosokomialen Pneumonie, 2000, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheits- forschung – Gesundheitsschutz, 43:302

[3]Infektionsprävention bei der Narkosebeatmung durch Einsatz von Atemsystemfiltern*, BDA

[4] Hübner NO, Daeschlein G, Kobayashi H,Musatkin S, Kohlheim U, Gibb A, Assadian O, Kramer A, Lehmann C. Micro biological safety and cost-effectiveness of weekly breathing circuit changes in combination with heat moisture exchange filters: a prospective longitudinal clinical survey. J Infect Chemother Jap (in rev.).

Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

2 Kommentare

  1. Hallo, besten Dank für diesen Artikel. Ich habe wieder was gelernt.

    Nur eine Korrektur: HME steht für
    Heat, Moisture Exchangers.

    Humidity und Moisture wäre ja auch praktisch das gleiche. 😉

  2. Ja, äh, ja, stimmt 😉 Schön, wenn der Rest trotzdem geholfen hat ;P Danke!

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