Fies: Krim Kongo Hämorrhagisches Fieber

 

Das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber (CCHF) ist eine seltene, aber eine der schwersten Viruserkrankungen des Menschen. Ausgelöst wird es durch das gleichnamige Virus (CCHFV). Es kann von Zecken als Vektor auf den Menschen übertragen werden. Mit zunehmender Globalisierung und Klimaveränderungen sind Fälle von CCHF in den letzten Jahren weltweit gestiegen. Eine gepoolte Mortalitätsrate von 5-30% wird beschrieben.

Da es in Europa quasi eine Null-Inzidenz gibt, ist es in unseren Breiten sehr selten (importiert), aber dann umso schwieriger zu erkennen und natürlich fataler.

Zunächst einmal: Warum Krim-Kongo? Das liegt doch total weit auseinander? Die ersten dokumentierten Fälle stammen aus dem Jahr 1944 von sowjetischen Truppen auf der Krim im Kampf gegen die Deutschen. Fast 200 Soldaten erkrankten an einem hämorrhagischen Fieber, mit einer Mortalität von 10%[1].

Unabhängig davon wurde 1956 aus einem Kind im Kongo ein Virus isoliert, das ähnliche Symptome hervorrief.

Die Virusisolation des CCHFV wurde 1967 von Chumakov, einem russischen Wissenschaftler, vorgenommen. 1969 wurde dann eine Antigen-Ähnlichkeit der beiden Stämme aus Usbekistan und dem Kongo beschrieben. Seither wird das Virus in seiner Bezeichnung zusammengefasst.

Es gehört zum Genus Nairovirus in der Klasse der Bunyaviridae. Weitere namhafte Viren (naja, vielleicht auch nicht für uns Normalsterbliche) der Nairoviren sind das Dubge-Fieber und das Nairobi Sheep Fieber. Das CCHFV ist hoch-ansteckend und sollte nur in S4-Laboren untersucht werden.

Geographische Verteilung

Länder in Afrika, dem Nahen Osten, Südeuropa und Teilen Asiens sind stark betroffen. Besondere Häufungen finden sich in der Türkei und dem Iran. In diesen Ländern wird folglich auch viel zu dem Thema geforscht. Die Inzidenzrate in endemischen Gebieten wird dabei zwischen 2 und 30 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr angegeben [2].

Der Hauptvektor sind Zecken der Art Hyalomma marginatum (Untergattung von Ixodes – bekannt von Ixodes ricinus, dem gemeinen Holzbock), die in Asien, Europa und Afrika gefunden werden können. Sie haben ein paar Besonderheiten, die die Verbreitung des Virus ideal unterstützen:

  • Aufnahme des Virus während des Blutsaugens; Replikation im Körper der Zecke
  • Vertikale Transmission des Virus durch die Lebensstadien der Zecken (Larve, Nymphe, Erwachsene)
  • Transovariale Transmission, das heißt, auch gelegte Eier sind schon mit dem Virus infiziert
  • Horizontale Transmission, wenn mehrere Zecken ein Wirtstier befallen, zwischen den Zecken

Säugetiere führen zur Amplifikation der Viren, vor allem große Pflanzenfresser. Bisher konnten keine infizierten Tiere nachgewiesen werden, die Symptome entwickelt hätten.

Und wie kommt das Virus jetzt zum Menschen? Stichwort: Blut. Eine infizierte Zecke ungeschützt zu zerdrücken kann schon ausreichen, oder wenn man halt gebissen wird. Zeckenbisse werden von 60-69% der Patienten berichtet[31].

Auch direkter Kontakt mit infektiösem Blut (gerade auch für Healthcare Professionales im Sinne von Nadelstichverletzungen oder im Labor) kann zu einer Übertragung führen. Aber die häufigsten Opfer arbeiten zum einen in der Landwirtschaft (Zeckenbisse bei der Feldarbeit) oder im Schlachthof (direkter Blutkontakt).

Eine sexuelle Übertragung scheint nicht gesichert zu sein, allerdings wurden auch schon einige Mutter-zu-Kind Übertragungen berichtet, die auch beim Neonaten hämorrhagische Symptome und den Tod verursachten [5].

Die Klinik teilt sich wie bei vielen Viruserkrankungen in drei Phasen auf, nach einer Inkubationszeit von etwa 2-7 Tagen (manchmal aber auch deutlich länger):

  • Phase 1: Unspezifische Prodromalphase mit vor allem hohem Fieber (39-41°C), üblicherweise anhaltend für 4-5 Tage. Assoziiert können sein: Kopfschmerzen, Myalgien, GI-Symptome
  • Phase 2: Hämorrhagische Phase mit Gerinnungsversagen, weil die Viren einen endothelialen Schaden und ein Kapillarleck verursachen. Schleimhautblutungen, Epistaxis, Hämatemesis, manchmal Hämaturie, Hämoptysen. Einblutungen in die Haut ist auch häufiger zu beobachten
  • Phase 3: Rekonvaleszenz mit betonter Müdigkeit, Tachykardie, labilem Blutdruck (Dauer ~10 Tage)

Wie diagnostizieren wir das?

Die Diagnose des Krim-Kongo Fiebers ist eine Herausforderung, da die Symptome in den frühen Stadien unspezifisch sind und andere hämorrhagische Fieberarten imitieren können.

In der hämorrhagischen Phase kann eine Thrombozytopenie, verlängerte Prothrombinzeit und aPTT, sowie eine Hyperfibrinogenämie beobachtet werden. Zeitgleich kommt es häufig zu einer transienten Leukopenie und hepatischen Cytolyse (erhöhte Transaminasen). LDH und CK sind ebenfalls erhöht.

In der Bildgebung können manchmal Hepatomegalie und Splenomegalie auffallen. Zu beachten ist aber, dass diese Diagnostik nicht wegweisend ist, und ein erhöhtes Infektionsrisiko für die Mitarbeiter darstellt durch den Patiententransport (oder das infektiöse Ultraschallgerät nachher).

Eine Serologie auf IgM-Antikörper über ELISA kann in Europa wegweisend für die Diagnose des CCHFV sein, da wir im Grunde eine Null-Prävalenz haben. Diese werden ab Tag 5-7 der Infektion nachweisbar. Sie verschwinden aber erst 4 Monate später wieder. Insofern ist das bei uns zwar ein Diagnostikum, aber in Hochrisiko-Gebieten definitiv nicht – außerdem gibt es da ja noch andere hämorrhagische Viren und Infektionen, die auch noch in die Differentialdiagnose einfließen müssen.

Der direkte Virusnachweis über PCR gestaltet sich schwierig, da die Viren nur einem sehr kleinen Zeitfenster frei im Blut zirkulieren. Ein verfügbarer Assay, der gleichzeitig noch auf andere „nette“ Erreger prüft wie Ebola, Marburg, Lassa, Rift-vally-Fieber, Dengue und Gelbfieber wurde übrigens von einem Herrn Drosten C aus Berlin entwickelt[6]. So klein ist die Welt 😊

Wie behandeln wir das?

Die Therapie ist wie bei allen Viruserkrankungen vor allem supportiv und symptomatisch. Ein ABC-Approach hat sich auch hier bewährt. Volumenimbalancen sollten ausgeglichen und gegebenenfalls die Blutgerinnung optimiert werden (EK, FFP, Thrombos…)

Potentielle Koinfektionen mit andere Viren oder Bakterien müssen bedacht und ebenfalls angegangen werden.

Ribavirin ist ein Nukleosid-Analogon, dass die Virusreplikation zumindest in vitro hemmt. Das funktioniert aber auch im Maus-Modell nur, wenn es sehr früh im Infektionsgeschehen verabreicht wird. In der Praxis werden sich europäische Ärzte vermutlich schwer tun, so früh zu sein (aufgrund der geringen Inzidenz). Außerdem ist die Studienlage tatsächlich ziemlich widersprüchlich, was die Wirksamkeit und Mortalitätsreduktion angeht.

Dennoch empfiehlt die WHO ein Behandlungsschema mit Ribavirin:

Oral:

  • Loading Dose 2g, dann
  • Tag 1-4: alle 6 Stunden 1g
  • Tag 5-10: alle 6 Stunden 500mg

Intravenös:

  • Tag 1-4: alle 6 Stunden 17mg/kg KG (maximal: 1g)
  • Tag 5-10: alle 8 Stunden 8mg/kgKG (maximal: 500mg)

Quellen: RKI und Guidelines CCHF (NIH Pakistan, WHO)

Andere experimentelle Ansätze beinhalten Favipiravir, ein Breitspektrum-virale-Polymerase-Inhibitor, Plasmapherese oder hochdosierte Kortikosteroide. Aber letztlich bleibt eines über: Es sind mehr Studien erforderlich, um eine ordentliche Empfehlung abgeben zu können.

Abschluss

Habt ihr schon einmal so einen Patienten gesehen? Hämorrhagische Fieber sind sicher klinisch sehr spektakulär. In meinen kleinen Häusern, hab ich das bisher (zum Glück) nicht erlebt…

 

Links:

Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.