Larynxmaske: Cuffdruck?

Was soll das denn jetzt? Cuffdruck bei einer Larynxmaske? Ist der Kerl jeck?

Bei Endotrachealtuben wird grundsätzlich der Cuffdruck mit einem Manometer geprüft, um Schleimhautnekrosen zu vermeiden (um so wichtiger, wenn es sich um eine Lachgas-supplementierte Narkose handelt, wo das N2O kontinuierlich in den Cuff diffundiert, und sich der Druck im Lauf der Narkose sogar noch erhöht!).

Schon in zwei Krankenhäusern ist es mir jetzt passiert, dass dasselbe Prinzip aber nicht für Larynxmasken galt.

Die Maske leicht vorgeblockt einführen

In Lehrbüchern steht zum Cuffdruck bisweilen so etwas wie: Die Maske leicht vorgeblockt einführen (hierzu gibt es verschiedene Techniken, die ich als bekannt vorraussetzen möchte), und dann milliliterweise mit Luft blocken, bis beim Beatmen kein Nebengeräusch / Atemgeräusch mehr zu hören ist.

In der Praxis sind mir zwei andere Varianten begegnet. Erstens: Mit Gewalt so viel Volumen in den Cuff pusten, wie möglich. Das wird gerechtfertigt mit der Aufschrift auf der Verpackung: P <= 40ml (LAMA #5). Dass das aber ein Maximal-Volumen ist, wird übersehen. Da werden dann bei jedem Patienten, egal wie sein Hals anatomisch von innen aussieht, immer 40ml Luftvolumen appliziert. Mir ist es schon passiert, dass ich bei so einem prall gespannten Cuff eine 20ml Spritze angesetzt habe, und allein vom Druck der Stempel hinten beinah aus der Spritze geflogen ist!

Hohe Cuffdrücke führen zu Schleimhautschäden

Unnötig zu erwähnen, dass zu hohe Cuffdrücke Schleimhautschäden, Blutungen, Heiserkeit, bis hin zu venösen Abflussstörungen der Zunge verursachen können!

Die zweite Variante ist das Platzieren einer bereits vom Hersteller vorgeblockten Larynxmaske, ohne folgende Druckkontrolle. Durch den augeblasenen Cuff ist die Maske natürlich schwieriger zu platzieren bzw. an den Zähnen vorbeizubugsieren.

Die wichtigste Message ist: Die Gleichung „Mehr Cuffvolumen = mehr Dichtigkeit der LAMA“ ist falsch!

Die Hals-Anatomie eines jeden Menschen ist unterschiedlich. Deshalb passt auch jedem Menschen die Larynxmaske nicht in derselben Weise. Dasselbe Cuffvolumen resultiert daher in unterschiedlichen Cuffdrücken! Man muss sich also dringend vom Cuffvolumen als Stellgröße verabschieden und stattdessen den Cuffdruck nehmen, da dieser letztlich auf die Schleimhäute wirkt und bestimmt, wie elastisch sich die Larynxmaske an die Halsweichteile anmodelliert.

AMBU hat eine ganze Broschüre zu dem Thema herausgebracht, weil das Thema offensichtlich nicht nur nach meiner Erfahrung, sondern generell, aktuell ist:

[1]

In obenstehender Grafik ist der Cuffdruck in cmH2O in Korrelation gesetzt zum OLP (Oropharyngealen Leak Pressure). Das ist der derjenige Beatmungsdruck, bei dem unter Beatmung eine Luftleckage über den Mund wahrnehmbar ist.

Im Bereich bis etwa 60cmH2O Cuffdruck ist der Zusammenhang zum OLP nahezu linear: Hier stimmt es tatsächlich: Mehr Cuffdruck = höhere mögliche Beatmungsdrücke. Danach nimmt der maximal mögliche Beatmungsdruck aber schon wieder ab!

Mehr Druck heißt nicht mehr Dichtigkeit!

Das heißt, dass der Reflex bei Undichtigkeit der Larynxmaske, mehr Volumen in den Cuff zu geben, sogar kontraproduktiv ist!

Ein rigider Cuff, weil er völlig überblockt wurde, kann sich natürlich schlechter an die Weichteile anmodellieren. Eigentlich logisch.

Außerdem muss ich noch einmal auf die Beschreibung der Kenndaten durch den Hersteller zurück kommen. Er beschreibt ein Maximal-Cuffvolumen; wenn dieses aber appliziert wird, resultiert das regelhaft in viel zu hohen Cuffdrücken. Deshalb steht direkt daneben auch: Pmax <=60mbar (basierend auf der oben referenzierten Untersuchung).

Das bedeutet: Die Stellgröße ist der Cuffdruck. Ideal sind 40-60mbar anzusehen, weil sie die höchste Dichtigkeit versprechen. Keinesfalls sollte das maximale Cuffvolumen überschritten werden; in der Regel reichen geringere Volumina, um den erforderlichen Druck zu erreichen.

Und wenn die Maske jetzt wirklich undicht ist, und der Cuffdruck aber stimmt?

Narkose vertiefen, Sitz der LAMA prüfen, Kopf weiter überstrecken, evtl. leicht seitlich lagern.

Wenn immer noch keine Besserung – entweder Toleranz des Lecks oder Intubation.

Quellen:

Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

3 Kommentare

2 Pings

    • Birgitte T. auf 19. September 2022 bei 19:16
    • Antworten

    Nach meiner OP mit Kurznarkose und Larynxmaske habe ich jetzt, nach 3 Wochen, immer noch ein seltsames Kloßgefühl unterhalb des Kehlkopfes. Kann das von der Larynxmaske kommen und geht es wieder weg?

    Beste Grüße!

    1. Das beschriebene Gefühl kann schon mal nach einer Larynxmaske auftreten. In der Regel ist es aber nach kurzer Zeit verschwunden. Das ist ein Fremdkörper, der da eingeführt wird zur Beatmung während der Narkose, das darf man nicht vergessen.

      Ich würde dem ganzen trotzdem noch etwas Zeit geben. Die Schilderung klingt jetzt nicht „schlimm“ oder so. Ich denke es gibt eine gute Chance mit etwas Geduld, dass es „einfach so“ wieder besser wird.

      Wenn es aber gar nicht besser wird oder sogar schlimmer, wäre ein Gang zum HNO-Arzt ggf. sinnvoll.

        • Birgitte Tüpker auf 19. September 2022 bei 20:48
        • Antworten

        Vielen Dank, Herr Ewert, für die schnelle Antwort. Dann warte ich noch ein bisschen ab.

  1. […] Zu der Beziehung von Cuffdruck und Dichtigkeit hatte ich schon mal einen Beitrag geschrieben: https://anae-doc.de/larynxmaske-cuffdruck/ […]

  2. […] Titel ist irreführend. Im Grunde ist das schon Teil 3 meiner Larynxmasken-Serie. Im ersten Beitrag hatte ich mich noch über die Unfähigkeit mancher beschwert, zu erkennen, dass Druck mitnichten […]

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