A – B – C, die Katze lief im … Trauma und Clinical Pathways

 

Manchmal ist es erstaunlich, wie einfache Dinge lange Zeit nicht erkannt werden. Da muss erst ein Flugzeug abstürzen. Kinder werden schwer verletzt. Und eine amerikanische Hinterwäldler-Klinik ist völlig überfordert – bevor man das ABC „erfindet“. Oder anders: Den Leitspruch aus der Traumaversorgung „Treat first what kills first“. Verrückt.

Der amerikanische Chirurg James Styner war mit seiner Familie anno 1976 in seinem Flugzeug unterwegs, bevor er in der Steppe Nebraskas abstürzte. Die Kinder waren schwer verletzt, die Frau getötet. Mehrere Autos ließen ihn am Highway links liegen, bevor er endlich mitgenommen wurde. Das verfügbare Krankenhaus war aber leider überhaupt nicht für so eine Versorgung ausgelegt. Immobilisation von Frakturen und der Wirbelsäule fand nicht statt. Zurecht bemängelte er nachher die ungenügende Ausbildung auf dem Bereich der Traumaversorgung.

ATLS(r) – Ein Erfolgsrezept für die Welt

Zusammen mit dem American College of Surgeons entwickelte er deshalb ATLS: Advanced Trauma Life Support(r). Das Konzept war so erfolgreich, dass es in die ganze Welt exportiert wurde. Tatsächlich muss man sagen: Zu Recht!

Präklinisch wird man durch entsprechende Algorithmen gut unterstützt. Das Rettungspersonal ist darauf geschult und die Behandlungspfade werden sogar online für jedermann einsehbar publiziert (s. Seite der AGNNW: „Handbuch Notfallmedizin„). Wer es genauer haben möchte, kann sich die speziellen PHTLS-Kurse zu Gemüte führen oder die Bücher zu dem Thema kaufen. Letztlich ist auch das aber nur eine neue Iteration des bekannten (c)-A-B-C-…

Innerklinisch gibt es zwar ATLS, aber die Durchdringung ist meiner Erfahrung nach dennoch gering. Und damit ist das Problem, das Herr Styner versuchte zu lösen, nach wie vor existent. Wieviele kleine Krankenhäuser sind zwar ein „regionales Traumazentrum“, aber verfügen nur über unzureichende Strukturen, um dem gerecht zu werden?

Clinical Pathways können den Kliniker elektronisch unterstützen

Im Krankenhaus ist alles im Vergleich zur Präklinik – „advanced“. Es gibt viel mehr Möglichkeiten und Entscheidungen. Das kann schon mal verwirren. „Clinical Pathways“ könnten dabei helfen: Die EDV-gestützte Ablaufabbildung des Patientenaufenthaltes im Krankenhaus, abhängig von seiner Aufnahmediagnose. Theoretisch eine super Idee – aber dafür muss die Verwaltung erst mal das Geld locker machen. Man kann ja schon froh sein, wenn man nicht in der Kommandozeile in MS-DOS arbeiten muss.

Solange man aber auf die Kompetenz von Mitarbeitern bauen muss, und sie nicht rein elektronisch in den Pathways unterstützen kann (böse Zungen behaupten: steuern), sollte man sie ausbilden. Das passiert aber auch nicht – schlecht!

Entsprechende Traumakurse sind relativ teuer, aber sicherlich sinnvoll. Es reicht nicht,  wenn nur eine Handvoll Mitarbeiter darin geschult sind. Das gesamte Team muss wissen, worum es geht. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wie kann ein Krankenhaus sich „Traumazentrum“ nennen und die Mitarbeiter nur ungenügend ausbilden? Manchmal wundert man sich über so viel Blauäugigkeit (oder kalte Berechnung?) in den Verwaltungsetagen.

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Begeisterter Anästhesist mit Faible für Teaching und Medizininformatik.

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